Sehr gespannt habe ich mir den Beitrag vom ZDF-Auslandsjournal über „Pizza Internationale. Der lange Weg der Tiefkühlpizza“ angesehen“. Antworten waren angekündigt zu den Fragen:
- Wieso ist sie so billig?
- Was ist da genau drin?
- Und stimmt die Qualität?
Der 17 Minuten lange Beitrag war in der Tat sehr interessant. Am Beispiel des größten deutschen No Name-Pizzaherstellers Freiberger erfuhr man einiges über Herstellungsweise, Preisdruck und Herkunft einiger Zutaten.
Die Tomaten für die Pizza kommen – wie sollte es anders sein – aus dem Mutterland der Pizza, aus Italien. 4 Millionen Stück werden pro Jahr nach Deutschland exportiert, für das Kilogramm bekommt der Bauer unglaubliche 7 Cent und auf jeder einzelnen Billigpizza landen 5 Stück.
Der Mozzarella wiederum kommt nicht aus Italien sondern aus Irland und ist selbstverständlich auf einer Billigpizza kein Büffelmozzarella, sondern die günstigere Variante aus Kuhmilch. Der Lieferant von Freiberger verarbeitet pro Tag 1 Million Liter Milch und stellt im Jahr 38 Mio kg Mozzarella her. Für 1 kg Mozzarella braucht es 10 Liter. Der interviewte Milchbauer kann von dem Preis, den er für die Milch erzielt, allerdings kaum überleben.
Die teuerste Zutat auf der Lieblingspizza der Deutschen ist die Salami. 30 g finden sich auf der Pizza, die mit 10 Cent zu Buche schlagen, bei 80 Cent Verkaufspreis ein teurer Rohstoff. Auch der Bauer in Österreich, der die Schweine züchtet, die später zu Salami verarbeitet werden, hat ein Preisproblem. Unglaubliche 2 € kostet das Kilogramm Lebendferkel.
Nach eigenem Bekunden kann die Firma Freiberger auch mit Pizzen für 80 Cent noch Geld verdienen. An 13 Standorten stellen sie mit 2000 Mitarbeitern 500 Millionen Pizzas (s. ob.) pro Jahr her und erwirtschaften 500 Millionen € Umsatz.
Als Geschäftsführerin mehrerer Mühlen war ich natürlich gespannt darauf, wann der mengenmäßig größte Rohstoff, der für die Herstellung von Pizza benötigt wird, das Mehl, zur Sprache kommt. Nur leider wurde auf diesen Hauptbestandteil gar nicht eingegangen. Aber schließlich war dies ja auch das Auslandsjournal und das verarbeitete Mehl kann immer nur im nächsten Umkreis der Pizzafabrikation gemahlen werden, denn Tausende Kilometer Transport wie bei Mozzarella und Tomaten verträgt ein so günstiges Produkt wie Mehl nicht.
80 Cent für eine Pizza, ein unglaublicher Preis. Neben den vorgestellten Rohstoffen fehlt wie schon erwähnt das Mehl. Und dann muss das Produkt ja noch verpackt werden, die Pizza an sich in Folie und das Ganze in einen Pappkarton. Man braucht Menschen und Maschinen zur Herstellung, und in den 80 Cent sind ja auch noch 5 Cent Mehrwertsteuer enthalten. Der Händler möchte was daran verdienen und der Hersteller auch.
Wie das wirklich geht, darauf gibt der Film keine Antwort. Nur eine leise Andeutung, bei den beiden befragten Bauern klang die Verzweiflung über die erlösten Preise schon an.
Wie sagte Michael Schellenberger, der Geschäftsführer des Deutschen Fachverlags in dem auch die Lebensmittelzeitung erscheint, in dem begleitenden Video so schön: „Die Deutschen haben die teuersten Küchen und die billigsten Lebensmittel.“
Ich frage mich, wie lange wir uns das noch leisten können und wollen?
Passend dazu ein Artikel aus der Süddeutschen: „25 Jahre Tiefkühlpizza: Das Miststückchen“
Ein sehr interessanter Artikel. In unseren Pizza Max Stores wird die Pizza noch aus Frischteig hergestellt und erst bei Bestelleingang nach Kundenwunsch belegt. Auch wir spüren den Preisdruck, der sich auch durch das immer größer werdende Angebot an Tiefkühlpizzas zu sehr niedrigen Preisen ergibt. Abgabepreise von 99 Cent oder – wie im Artikel beschrieben von 80 Cent – sind in unserem Bereich, der sehr Personalintensiv ist natürlich nicht zu machen. Wir sehen jedoch auch bei unserer Kundschaft, dass sehr wohl unterschieden wird zwischen einer industriell hergestellten Pizza und einer Pizza, die noch nach guter alter Tradition entsteht.
Da stimmt doch was nicht:
– 1 Mio Liter Milch pro Tag
– 10 l Milch für 1 kg Mozzarella
-> 100.000 kg Mozzarella pro Tag
– 365 Tage pro Jahr
-> 36.5 Mio kg Mozzarella.
Ich würde die 38 Mio ja gelten lassen, da man schon durch geringe Rundungsfehler bei „10 l Milch für 1 kg Mozzarella“ eine solche Abweichung erreichen kann. Aber wird die Milch nur dafür verwendet? Da steht, der Lieferant verarbeite 1 Mio Liter Milch am Tag, aber braucht man die nicht auch für den Teig, so dass daraus eben nicht nur Mozzarella gemacht wird und infolgedessen „noch weniger“ dafür übrig bleibt, man sich also noch wieter von den 38 Kilotonnen entfernt?
Irgendwie kommt mir das komisch vor.
Ich fand die Sendung auch sehr interessant – passend zum Thema haben die Discounter ihre Preis erneut gesenkt. Es scheint eine Spirale ohne Ende zu sein und der Druck wird vom Handel an Hersteller und Erzeuger weitergegeben. Macht besitzt eigentlich der Verbraucher – er kann entscheiden, welches Produkt er kauft und ob der Preis das alles entscheidende Kriterium ist. – In der Sendung sagt Helmut Morent, Geschäftsführer von Freiberger, ja ganz deutlich, dass er schon Pizza für vier Euro angeboten hat, nur die wollte keiner kaufen. So eine Pizza könnte auch mit Büffelmozzarella hergestellt werden…
Übrigens, wer wissen möchte, wie es möglich ist, eine Pizza für 80 Cent zu produzieren, dem empfehle ich ein Interview mit dem Produktentwickler Siegfried Weber von Freiberger: http://www.pizza-experten.de/de/Herstellung/Produktionsablauf/Das-individuellste-Produkt-der-Welt.html
@Pizza Experten: Es ist wirklich immer wieder erschreckend, wie sehr gerade die deutschen Verbraucher zu absoluten Billigprodukten greifen und Produkte mit hochwertiger Rohstoffen liegen lassen. Die gleiche Leute die für ihr Salatöl nichts ausgeben kippen in den Motor ihres Autos nur teuerstes Öl. Das werde ich nie verstehen.
Danke für den ergänzenden Link.
@Gobold So wie ich es in dem Film des ZDF Auslandjournal verstanden habe werden 1 Mio kg Milch pro Tag zu Mozzarella verarbeitet. Wahrscheinlich müsste es heißen rund 1 Mio Liter. Es werden wohl mal 1,3 Mio Liter sein und dann wieder „nur 900.000 Liter. Außerdem werden Sie auch nicht 356 Tage im Jahr arbeiten. Über den dicken Daumen passt es doch, und es sind ja auch nur Hausnummern um die Dimension zu verdeutlichen.
Ich habe nur die Zahlen aus dem Film übernommen, einfach mal beim ZDF anfragen, die können deine Frage mit Sicherheit genauer beantworten.
Wieso man Mozzarella für den Teig brauchen sollte verstehe ich nicht. Der Teig besteht aus Mehl, Hefe und Wasser. Da kommt kein Mozzarella rein.
Mir ging es mit dem Blogpost mehr um das „große Ganze“. Ist es nicht viel erschreckender in welche Dimensionen produziert wird, und was für alle am Produktionsprozess Beteiligten übrig bleibt, nämlich fast nichts?